Spannung in der Wolfsschlucht
Landshuter Zeitung, Freitag, 13. 07. 2001
Spannung in der Wolfsschlucht
Das Musiktheater Animato bringt Schülern die Oper im Selbstversuch nahe
Eine Oper ist ein Theaterstück mit Gesang. Soviel war den Schülern klar. Auch, dass man neben Schauspielern und Sängern Kostüme, Orchester und einen Regisseur braucht. Doch dass sie selbst mitmachen können, selbst Sänger und Regisseur sein können, war ihnen wohl neu. Genau das war Schülern der Volksschulen St. Nikola und St. Martin aber gestern möglich. Mit dem Musiktheater Animato aus Wien.
Animato sind Christiana Bild und Walter Kukla. Die beiden besuchen mit ihrer Opernwerkstatt regelmäßig Schulen in ganz Österreich und in Bayern. So versuchen sie, Schülern der Hauptschulen und Gymnasien die Oper nahe zu bringen; und zwar gemeinsam mit den Schülern. In diesem Fall hatten sie Carl Maria von Webers „Freischütz“ dabei.
Einer ist Regisseur, zwei sind Max, zwei Agathe – so kommen mehr Schüler dran. Das Künstlerduo konzentriert sich auf die Haupthandlung: Was schon war, welches der Hintergrund ist, erzählt Christiana Bild. Etwa, dass Max beim Schützenfest nicht getroffen hat und nun traurig ist, weil er vielleicht seine Braut Agathe verliert. Wie unglücklich er ist, hören sich die Schüler in einem Ausschnitt der Oper an.
In einer guten Stunde wird auf diese Weise der „Freischütz“ aufgeführt. Das Kernstück ist natürlich die spannende Szene in der Wolfsschlucht. Nachdem Christiana Bild und Walter Kukla die Handlung bis dahin erzählt haben, setzt die passende Musik ein, gruselig und düster. Die Kinder sind gespannt.
Und sie machen mit Begeisterung mit. Nicht gerade selbstverständlich, wenn es um einen Komponisten des 19. Jahrhunderts geht. Nur selten reißen sich die Schüler bei solchen Gelegenheiten darum, Waldvögel zu spielen, die beim Gießen der ersten Freikugel aufschrecken. Oder einen Sturm, der in der Wolfsschlucht Bäume umreißt. Oder Nebelgestalten, die sich nach der fünften Kugel des Teufels erheben.
Die meisten Kinder sind auf ihren Einsatz vorbereitet, haben kleine Textpassagen vorab gelernt, singen stellenweise mit. Etwa drei Wochen vor dem Termin schickt Animato den Musiklehrern der beteiligten Schulen Material zu. Laut Lehrplan muss die Oper in der sechsten Klasse durchgenommen werden. Ausgerechnet, wenn die Schüler cool sein wollen und auf Klassik überhaupt keine Lust haben.
Die Opernwerkstatt scheint da ideal: die Oper im Selbstversuch für Schüler. Die beiden Künstler, ausgebildete Sänger übrigens, vermitteln den Stoff umgangssprachlich und fordern immer wieder zum bewussten Zuhören auf, zum Hinhören. Sie fragen nach, welche Stimmung erzeugt wird. Und die meisten Schüler lassen sich darauf ein. Im Zwei-Wochen-Turnus reisen Christiana Bild und Walter Kukla seit fast eineinhalb Jahren zu den Schulen und tun ein gutes Werk; morgen geht es schon weiter Richtung Passau. –kf-